Der 35-Jährige berichtet über seine Ziele
Stephan Jäger im Interview: „Noch lange nicht das Ende der Reise“
Deutschlands aktuell bester Golfer erklomm 2024 neue Höhen. Mit dem ersten Sieg auf der PGA Tour, den erstmaligen Teilnahmen am Masters und an den Olympischen Sommerspielen sowie dem Vorstoß in die Top 50 des FedEx Cups und der Weltrangliste, setzte der 35-jährige Münchener neue Meilensteine. Doch 2025 soll noch mehr kommen, wie Stephan Jäger im GOLF TIME Exklusiv-Interview verrät …
Es war ein tolles Jahr für Stephan Jäger, der sich mit dem Sieg bei der Houston Open 2024 einen lange gehegten Kindheitstraumerfüllen konnte.
Der erste Titel auf der PGA Tour soll aber beileibe nicht der letzte bleiben. Erst im Oktober spielte Jäger bei der Erstaustragung der Black Desert Championship im U.S.-Bundesstaat Utah um den Sieg mit.
Einzig der groß aufspielende Shootingstar Matt McCarty konnte den aktuell besten deutschen Golfer stoppen. Doch der hervorragende zweite Platz bugsierte Jäger erneut in die Top 50 der offiziellen Weltrangliste.
Eine wichtige Kennzahl, wenn es etwa um die Qualifikation für das Masters in Augusta geht.
Der vor Selbstvertrauen strotzende gebürtige Münchener, der seit seinem 16. Lebensjahr in Chattanooga im U.S.-Bundesstaat Tennessee lebt, teete nach seinen Erfolgen in diesem Jahr jedoch nicht mehr bei einem Event der Fall Series auf der PGA Tour auf.
Stattdessen konzentrierter er sich bereits ganz auf die Vorbereitung auf die neue Saison.
Jäger arbeitet gerade hart an seinem Spiel, vor allem an den Dingen, die er für verbesserungswürdig hält, um 2025 noch stärker ins Rampenlicht zurückzukehren. Ich erreiche „Sedl“, wie der 35-Jährige von seinen alten Freunden in Deutschland genannt wird, per Video-Call auf dem Heim-weg vom Gym.
Stephan Jäger im Interview über sein erfolgreiches Jahr
Stephan Jäger blickt erwartungsgemäß überwiegend positiv auf das Jahr 2024, das bislang beste seiner Karriere, zurück. Doch der Fokus ist bereits ganz auf 2025 und die nächsten Ziele gerichtet.
Und diese Ziele sind nicht unbedingt „Resultatsziele“, sondern kleine, spezifische Zielsetzungen, wie er sein Spiel insgesamt und auch die mentale Komponente weiter verbessern kann.
Stephan, wir nähern uns dem Ende des Golf jahres 2024. Es war ein ereignisreiches, vor allem aber auch ein erfolgreiches Jahr für dich. Mit welchen Gefühlen blickst du darauf zurück?
Auf jeden Fall positiv. Klar, gibt es immer ein paar Dinge, die ich hätte besser machen können. Ich habe das Jahr sehr gut begonnen, aber nach dem Sieg in Houston dann ein wenig abgebaut. Zum Schluss habe ich dann wieder besser gespielt.
Aber im Grunde, wenn ich zurückblicke, war es ein super Jahr für mich und ein weiteres Sprungbrett, um nächstes Jahr noch besser zu werden.
Unter die Top 50 im FedEx Cup und in der Weltrangliste zu kommen ist natürlich toll, aber wir sind noch nicht ganz fertig mit der Reise. Es gibt noch ein paar Sachen, die ich gerne erreichen und erleben will. Es gibt aber auch Punkte, in denen ich noch besser werden möchte, sei es das Golfspiel selbst oder im mentalen Bereich.
Wenn diese Dinge alle besser werden, kommen die Resultate von alleine, da brauche ich mir auch explizit keine Ziele zu setzen.
Wir haben vor einem Jahr sehr viel über Konstanz in deinem Spiel gesprochen? Wie hat sich dieser Aspekt in diesem Jahr verbessert?
Ich denke, ich hatte in diesem Jahr gut fünfmal die Chance, ein Turnier zu gewinnen. Das hatte ich so noch nie zuvor. Das ist im Grunde schon konstant. Klar, im Vergleich zu Scottie Scheffler und Xander Schauffele ist das nicht gut.
Aber mit den beiden kann man sich auch nur schwer vergleichen, die sind nicht umsonst die Nummer eins und zwei in der Welt. Da will man natürlich hinkommen, etwa bei jedem zweiten Turnier vorne dabei zu sein und die Chance zu haben, zu gewinnen.
Stephan Jaeger signs off from Houston 🤠
Next stop, Augusta. pic.twitter.com/p4fiN0VMwO
— PGA TOUR (@PGATOUR) April 1, 2024
Das ist dann die Form von Konstanz, die dich am Ende in die Top 10 der Welt bringt. Das mit den Cuts ist so eine Sache, da entscheiden oft kleine Nuancen auf der PGA Tour, ob du am Wochenende dabei bist oder nicht.
Wenn du mal den Cut verpasst, ist das nicht so dramatisch. Wenn du gut spielst und zehnmal im Jahr die Chance hast, zu gewinnen, und fünfmal den Cut verpasst, ist das am Ende völlig egal.
Woran arbeitest du jetzt in der Off-Season am meisten? Man sieht dich ja auch viel im Gym, wo du mit dem Speedtraining enorm an Länge gewonnen hast …
Ja, im Moment bin ich wieder sehr viel im Gym und daneben versuche ich, mein Putten zu verbessern. Ich habe begonnen, mit einem neuen Puttingcoach aus Memphis zu arbeiten, das läuft sensationell an.
Da freue ich mich schon richtig auf nächstes Jahr, um zu sehen, wie sich das Putten entwickeln wird.
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Das ist eigentlich in den Statistiken auch der einzige Bereich, in dem ich nicht so gut bin, und wenn ich das künftig besser hinbekomme, sind nach oben keine Grenzen gesetzt.
Du darfst aber auch nicht vergessen, wo deine Stärken liegen, etwa in meinem Fall im Driven und den Längen vom Tee, und musst auch hier dranbleiben.
Es wird insgesamt immer schwieriger und die Nuancen werden immer feiner, das Spiel auf ein neues Level zu heben.
Inwieweit hat der Sieg in Houston deinen Status auf der Tour, vor allem bei den Kollegen und in der medialen Wahrnehmung, verändert?
Ich glaube schon, dass du als Spieler ein wenig mehr Respekt bekommst. So einen Sieg kann dir keiner nehmen. Du bist ein Leben lang ein „Tour Winner“, aber da ist schon auch der Wille und der Drang, es nochmal zu schaffen.
An einem Sonntagnachmittag die Chance zu haben, zu gewinnen, das ist ein Adrenalinschub, der mit nichts vergleichbar ist.
Ich hatte dieses Gefühl ja erst wieder in Utah. Leider hat es mit dem Sieg nicht geklappt, da Matt McCarty am Ende unglaublich gespielt hat.
Ich habe mein Bestes gegeben, dieses Mal hat es nicht gereicht, aber man muss die positiven Dinge sehen. Mein Spiel war gut, ich hatte eine Chance. Die Woche war daher insgesamt gesehen richtig toll.
Du warst dieses Jahr auch erstmals bei den Olympischen Spielen dabei. Wie war dein Eindruck und wie fühlte es sich an, die deutschen Farben in Paris zu vertreten?
Golferisch war das sensationell. Der erste Abschlag am Donnerstag, den werde ich mit Sicherheit nie mehr vergessen – das war Gänsehaut pur. Ich hätte nicht gedacht, dass so viele Leute dort sein würden und so eine tolle Atmosphäre herrschen würde.
Ich habe auch gut gespielt, vor allem am zweiten Tag, und lag in Schlagdistanz zur Spitze. Leider war das Wochenende dann nicht mehr so gut, was ein wenig schade war, aber die Woche als solche war ein Riesenerlebnis.
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Konntest du sonst ein wenig von den Spielen miterleben?
Wir sind etwas spät angereist und hatten keine Chance, andere Bewerbe zu sehen. Wir sind mal beim Beachvolleyball vorbeigegangen, das war direkt unter dem Eiffelturm. Eigentlich wollten wir uns auch Schwimmen und Gymnastik anschauen, aber die Ticketpreise waren brutal hoch.
Ich habe in einem Hotel, nahe des Golfplatzes, gewohnt, bin aber auch einmal mit meinem Caddie ins Olympische Dorf gegangen. Das hatte ich mir ganz anders vorgestellt.
Du darfst ja dort nur hinein, wenn du Athlet bist und eine spezielle Akkreditierung hast. Aber es war schon gut. Wenn du jemanden mit einer deutschen Flagge siehst, sagst du „servus“ oder „hallo“ und fragst dich, welchen Sport er wohl ausübt. Wenn es jemand mit 2,15 Meter Größe ist, dann kannst du sicher sein, dass das ein Basketballer oder Volleyballer ist.
Ich kann mir schon vorstellen, dass das olympische Dorf ein Riesenerlebnis darstellt. Ich hatte meine Frau dabei und wir sind das mehr als Familienausflug angegangen. Paris ist jedenfalls eine tolle Stadt und das Event war sehr gut organisiert.
Blicken wir ein wenig voraus: 2025 wird mit den Majors und dem Ryder Cup in Bethpage auch wieder ein großes Golfjahr. Was sind deine Ziele für die nächste Saison?
Ich will mich gegenüber diesem Jahr weiter verbessern. Wenn ich in den Bereichen, in denen ich besser werden will, besser werde, was vor allem das Eisenspiel und das Putten betrifft, dann werden die ganzen Unterziele automatisch eintreten. Mein Hauptziel lautet: Ich will ein besserer Putter und ein besserer Eisenspieler werden!
Das hat aber auch viel mit Arbeit zu Hause und bei den Turnieren zu tun. Auch ist es ein Ziel, konstanter und auch mental besser zu werden. Vor allem, mich auf der Runde nicht hängenzulassen, falls es mal nicht so rund läuft. Diese emotionalen Tiefpunkte kommen natürlich, aber das Ziel ist es, sie besser und schneller zu verarbeiten.
Zum Ryder Cup: hast du den auf dem Schirm?
Nun, die Sache ist ein wenig kompliziert: Die Qualifikationsphase hat erst vor Kurzem in Spanien begonnen. Ich habe entschieden, dieses Jahr nicht mehr in Europa zu spielen. Wir waren das ganze Jahr unterwegs und ich genieße jetzt ein wenig Zeit zu Hause mit meiner Familie.
Man kann als PGA-Tour-Spieler ein assoziiertes Mitglied der DP World Tour sein. Ab einer gewissen Punktezahl muss man aber dort eine gewisse Mindestanzahl an Events spielen.
Nun, ich bin mit Luke Donald in regem Kontakt und er weiß über meine Philosophie Bescheid. Ich lebe in den USA, ich spiele auf der PGA Tour. Ich will es ihm schwierig machen, mich nicht mitzunehmen. Wenn ich so spiele, wie ich es kann, und wenn ich weiter hart arbeite und besser werde, dann finde ich, dass ich eine super Ergänzung für das europäische Team in New York wäre.
Aber am Ende ist es etwas, das ich nicht kontrollieren kann. Ich denke nicht an die Weltrangliste, das FedExCup-Ranking oder die Ryder-Cup-Punkte. Ich mache einfach mein Ding: Ich möchte Turniere gewinnen, bei Majors vorne mitspielen und wenn das eintritt, wird sich der Rest von selbst erledigen.
Was steht in den nächsten Wochen bis zum Beginn der neuen Saison noch an?
Ich werde keine Events der Fall Series auf der PGA Tour mehr spielen. Ich werde zu Hause hart trainieren und Zeit mit meiner Familie verbringen.
Dann habe ich noch gut eineinhalb Monate, um mich auf die neue Saison vorzubereiten. Ende Dezember geht es dann für ein paar Tage an die U.S.-Westküste, bevor wir nach Hawaii fliegen.
Das Tournament of Champions auf Hawaii wird ebenfalls eine Premiere für dich sein …
Ja, ich bin schon sehr gespannt. Nach dem Tournament of Champions geht es gleich weiter zur Sony Open, auch auf Hawaii, und dann weiter nach Kalifornien. Da geht es dann auf der PGA Tour gleich voll zur Sache.
Ich freue mich sehr darauf!
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