10.08.2020

Nur das Posieren geht schief

Da war der Deckel noch drauf: Collin Morikawa und die Wanamaker Trophy
Thomas Fischbacher
Thomas Fischbacher
Collin Morikawa krönt eine unwirklichen Auftakt in die Profi-Karriere und siegt bei der PGA Championship mit Finesse gegen rohe Gewalt. Nur beim Posieren zeigt er Schwächen. 

In Zeiten, in denen im Profi-Golf viel über rohe Gewalt, Protein-Shakes, Athletik und Bälle, die viel zu weit fliegen, diskutiert wird, hatte dieser Finalsonntag der PGA Championship etwas erfrischendes.

Denn am Ende des ersten Major-Turniers des Jahres stemmte ein Akteur die Wanamaker Trophy in Richtung der kalifornischen Nebeldecke, dessen Spiel sich eben nicht über rohe Gewalt und Protein-Shakes definiert. Collin Morikawa ist 23 Jahre alt und in seinem Körper steckt nicht die furchteinflößende Schlagkraft der DeChambeaus, Johnsons, Koepkas und Co., sondern vielmehr Finesse.

Langsamer Rückschwung, knackiger Durchschwung, stabiles Finish – Morikawas Schwünge erinnern an die Eleganz, die einst Ernie Els Golfspiel auszeichnete.

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Auf dem Weg zu seinem ersten Major-Sieg bei der zweiten Major-Teilnahme überhaupt hatte der junge Amerikaner bisweilen einen gut 30 Meter längeren Weg ins Grün als viele seiner muskelbepackten Kontrahenten. Doch als alle Spieler wieder auftauchten aus der kalten Wolkensuppe über dem Lake Merced im Südwesten San Franciscos und ihre Schläge zählten, hatte keiner weniger als der Senkrechtstarter.

Morikawa: Kein Weitenjäger

Morikawa liegt außerhalb der Top 100 in der Kategorie „Driving Distance“, hat aber dennoch eine furchteinflößende Bilanz in seinem ersten Jahr auf der Tour. 18 Starts, zwei Siege, einmal Zweiter, elf Mal unter den Top 25 und nur einen einzigen verpassten Cut.

Es sind erstaunliche Werte, bedenkt man, dass der Major-Sieger weder überdurchschnittlich gut puttet oder chippt noch den Ball nicht besonders weit ins Spiel bringt. Doch auf dem Weg vom Abschlag bis zum Grün ist kaum einer auf der Tour besser.

Beim Major im TPC Harding Park auf den eher mittelschwierigen Grüns der öffentlichen Anlage und dem saftigen und griffigen Rough, der Fehlversuche vom Abschlag – egal welcher Länge – bitter bestrafte, herrschten demnach Bedingungen, die Morikawa in die Score-Karten spielten.

Und die ehemalige Nummer eins der Amateur-Weltrangliste nutzte dies, brachte seinen Putter zum glühen und hielt mit drei Runden unter Par (69, 69, 65 und 64 Schläge) die Konkurrenz um mindestens zwei Schläge auf Abstand.

PGA Championship: Vorentscheidung auf der 16

Die Genauigkeit mit dem Driver half dabei, den großen, mit fast zwei Millionen U.S.-Dollar dotierten Titel endgültig einzutüten. Auf der 16. Bahn, einem kurzen, angreifbaren Par 4, kurvte er seinen Abschlag auf das Grün – und lochte den zweiten Schlag zum Eagle. Zuvor half ein Chip-In zum Birdie auf der 14. Bahn, um weiterhin mit Rückenwind unterwegs zu sein.

Morikawa besiegelte seinen großen Triumph mit einer fehlerfreien Runde, während die erfahrene Konkurrenz nicht Schritt halten konnte. Brooks Koepka fand von Anfang an nicht zum Spiel.

Bryson DeChambeaus heißer Auftakt kühlte mit zwei Schlagverlusten kurz vor der Hälfte der Runde ab. Dustin Johnson strahlte wie so oft in Major-Finals nicht die gewohnte Lässigkeit aus. Matthew Wolff drehte zu spät auf und Paul Casey, Scottie Scheffler sowie Tony Finau spielten gut, aber eben nicht gut genug.

„Ein Wahnsinnsspieler“

„Er ist ein Wahnsinnsspieler“, lobte Koepka. „Sofortige Reife“, attestierte Casey. „Ein unglaublicher Athlet, der nicht so schnell von der Bildfläche verschwinden wird“, kommentierte Finau.

Und Morikawa, nun die Nummer fünf der Weltrangliste, bilanzierte: „Ich fühle mich in dieser Position sehr wohl. Als ich heute aufgewacht bin, dachte ich: ‚Da gehöre ich hin. Das ist die Situation, in der ich sein möchte, und ich habe keine Angst davor.'“

An diesem Wochenende in San Francisco zeigten zwei Dinge: Zum einen, dass die Golfwelt einen neuen furchtlosen Protagonisten hat. Und zum anderen, dass sich gute Golfplätze mit engen Fairways und biestigem Rough noch ganz gut wehren können gegen die rohe Gewalt der Elite.

Eine Sache muss Morikawa allerdings noch lernen: das Posieren mit großen Pokalen.

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