Die U.S. Open in Winged Foot steht an. Auf einem Platz, der für gewöhnlich kaum Ergebnisse unter Par zulässt. Zwei Deutsche sind mit dabei. Was ist zu erwarten?
Als Bobby Jones 1929 die erste U.S. Open in Winged Foot in einem Stechen über 36 Löcher auf dem West Course von Winged Foot gewann, war klar, dass er kein Geld dafür erhalten werde. Jones war Amateur, und schon damals galt ohne Profistatus: Nur Ruhm, kein Preisgeld. Jones hatte seinen Gegner Al Espinosa auf 36 Löchern 23 Schläge abgenommen, nichtsdestotrotz durfte der Geschlagene die 1.000 U.S.-Dollar Preisgeld in Empfang nehmen.
Am Sonntag wird der Gewinner bei der sechsten Austragung des traditionell schwierigsten Major des Jahres in Winged Foot nach 1929, 1959, 1974, 1984 und 2006 2,250 Millionen U.S.-Dollar hingegen einstreichen. Die Zeiten haben sich geändert. Was bleibt, ist aber die enorme Schwierigkeit dieses Platzes, der gut 45 Autominuten nordöstlich der Metropole New York liegt.
Nicklaus über Winged Foot: 11 auf einer Skala von 1-10
“Eine 11, vielleicht sogar eine 12”, bewertete Jack Nicklaus einst den West Course. Auf einer Skala von 1-10. Geoff Ogilvy, der die Austragung 2006 auf denkbar dramatische Art und Weise für sich entschied, besiegte zwar die Konkurrenz, nicht aber die 18 Löcher. Sein Gesamtergebnis: 285 Schläge. Fünf über Par. Die Geschehnisse der Austragung 1974, die Hale Irwin (+7) gewinnen konnte, verarbeitete Autor Dick Schaap unter dem Titel “Das Massaker von Winged Foot.
Die sozialen Medien sind bereits voll mit furchteinflößenden Videos. Von Rough, das eine stehende Bierdose (circa 0,5 Liter) verdeckt; in dem das hohe Gras Bälle ohne die Hilfe des aufmerksamen Personals am Rande der Spielbahn einfach verschlucken würde.
Winged Foot: Rough verschluckt die Bälle
Tiger Woods absolvierte am Montag neun Löcher. Seine ersten beiden Abschläge landeten im hohen Gras, der Superstar war nicht in der Lage, den Ball in Richtung Grün zu spielen. Was beweist: eine U.S. Open gewinnt man nicht, wenn die Abschläge nicht funktionieren. Phil Mickelson, der die Austragung 2006 bis zum 72. Loch angeführt hatte, aber bekanntermaßen mit einem Doppel-Bogey doch noch am Titel vorbeigeschrammt war, traf vergangene Woche nur 12 von 56 Fairways. Der 50-Jährige weiß also, an welchem Teil des Spiels er bis zum Donnerstag noch feilen sollte.
Hohes Rough, das beim Schlag kaum Energie auf den Ball zulässt, ist das Merkmal, das eine U.S. Open auszeichnet. Auch die Grüns des vom berühmten Architekten A.W. Tillinghast ursprünglich konzipierten Platzes, haben es in sich. Komplex wie in Augusta, so die einhellige Meinung. Von einigen Stellen sei ein Zwei-Putt eine wahre Meisterleistung.
Spotters will play a crucial role this week to deal with the deep, thick rough at Winged Foot… ? pic.twitter.com/8KhhnrZRAJ
— GOLF.com (@GOLF_com) September 14, 2020
Davis: “Spektakulärer Test”
Mike Davis, Chief Executive der USGA, fasst die Eigenschaften der Bühne für die U.S. Open wie folgt zusammen: „Mit seinen wunderbar herausfordernden Grünkomplexen und Dogleg-Löchern, die die richtige Platzierung vom Abschlag betonen, bietet Winged Foot den besten Spielern der Welt einen spektakulären Test.”
Es gibt aber auch eine gute Nachricht für die Teilnehmer: Wasser kommt kaum ins Spiel und auch die Baumreihen, die die Spielbahnen umranden, sind nicht so präsent wie zuletzt beispielsweise beim Andalucia Masters in Valderrama.
U.S. Open: Kaymer gehört zu den Top-Ballstrikern
Dort konnte Martin Kaymer groß aufspielen. 2014 hatte er die Weltelite bei der U.S. Open in Pinehurst düpiert und mit acht Schlägen Vorsprung gewonnen. Allerdings auf einem Platz, der auf komplett andere Art kompliziert war.
Aktuell gehört Kaymer sicherlich zu den besten Ball-Strikern auf der European Tour, vor allem, was die Schäge ins Grün betrifft. Auch zwei Top-Ergebnisse zuletzt unterstreichen die Daten aus der Statistik. Der Deutsche kam in den vergangenen Jahren sicherlich schon mal mit weniger Selbstbewusstsein zu einer U.S. Open, als bei dieser verspäteten Austragung. Wie Winged Foot und das Kaymers Spiel zueinander passen, wird sich noch herausstellen.
U.S. Open in Winged Foot: Die Fakten
- Platz: Winged Foot, West Course
- Ort: Mamaroneck, New York
- Siegerscheck: 2,25 Millionen U.S.-Dollar
- Deutschsprachige Spieler: Martin Kaymer, Stephan Jäger (Deutschland), Matthias Schwab, Bernd Wiesberger (Österreich)
Viel Glück Martin Kaymer für die US Open 2020!