GOLF TIME exklusiv: Stephan Jäger
Stephan Jäger Exklusiv-Interview: Jägermeister
Stephan Jäger feierte bei den Texas Children‘s Houston Open seinen ersten Titel auf der PGA Tour. Auch wenn es beim Masters in Augusta nur zwei Wochen später nicht mit dem Cut klappen sollte, so blickt der 34-jährige Deutsche dennoch im Exklusiv-Interview mit GOLF TIME auf sensationell erfolgreiche Wochen zurück.
Es waren ereignisreiche Wochen für Stephan Jäger. Der aktuell beste deutsche Golfspieler zeigte sich schon das ganze Jahr über in guter Form. Und bei der Texas Children‘s Houston Open sollte dann endlich der langersehnte Durchbruch auch auf der PGA Tour gelingen.
Im Memorial Park Golf Course in Houston passte am Ostersonntag alles zusammen. Stephan Jäger spielte die beiden Finalrunden zusammen mit dem Weltranglistenersten Scottie Scheffler und konnte diesen mit einem Schlag Vorsprung auf Distanz halten.
„Das war schon gut fürs Selbstbewusstsein“, sagte Jäger danach. Er war Scheffler auch nicht böse, dass er den kurzen Birdie-Putt auf der 18 aus knapp zwei Metern verpasste.
„In so einer Situation gehst Du zu 100% davon aus, dass er den macht. Er ist ein supernetter Typ, ein unglaublicher Spieler. E ist die Nummer Eins der Welt und lässt so eine Chance eigentlich nicht liegen.
Ich bin aber auch nicht unglücklich darüber, dass Scottie den Putt verschoben hat“, beschrieb der frischgebackene Champion seine Gefühle, nachdem der Sieg feststand.
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Stephan Jäger: Frisch erholt nach Houston
In der Woche vor den Texas Children‘s Houston Open pausierte der 34-jährige Deutsche. Er hatte bei der Players Championship den Cut verpasst und war wohl ein wenig „überspielt“.
„Ehrlich gesagt, hat die freie Woche sehr geholfen“, erklärt Jäger. „Ich war bei der Players Championship mental sehr erschöpft. Und natürlich war ich glücklich, dass ich dabei war. Aber es ist einfach ein so harter Golfplatz.
Ich habe nicht mein bestes Spiel auf den Platz gebracht und verpasste den Cut. Danach hatte ich eine Woche frei und konnte mich gut erholen. Ehrlich gesagt, habe ich meine Schläger bis Sonntag nicht angerührt. Das ist manchmal alles, was ich brauche.“
Jäger nutzte die Gelegenheit auch dazu mit seiner Familie den letzten Feinschliff des Hausumzugs zu vollziehen. Das neue Haus in Chattanooga befindet sich nur einen Kilometer vom alten entfernt. Es ist aber etwas größer, da die Familienplanung mit Sohn Fritz möglicherweise noch nicht beendet ist.
„Ja, wer weiß, vielleicht kommen ja irgendwann in der Zukunft weitere Kinder dazu. Da braucht man dann einfach etwas mehr Platz“, so Jäger.
Und der gebürtige Münchener, der seit dem 16. Lebensjahr in den USA lebt, genießt die Zeit abseits des Golfplatzes mit Frau Shelby, Sohn Fritz und Hund Phil.
„Mit meiner Familie versuche ich sicherzustellen, dass ich, wenn ich eine lange Runde gespielt habe, mir eine Auszeit vom Golf gönne. Nicht nur für meine Familie, sondern auch für mich. Das ist ein mental sehr anspruchsvoller Sport. Man muss frisch sein, um mithalten zu können.“
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Gutes Omen dank Papa Klaus
Ausgeruht und mit neuem Tatendrang spielte Stephan Jäger dann in Houston frei auf und wies selbst die Nummer eins der Welt in die Schranken.
Die nötige Motivation für das Duell mit Scottie Scheffler erhielt er von seiner Frau Shelby, die vor der Finalrunde meinte: „Gewinn das Ding doch einfach und dann fahren wir nach Hause und dann zum Masters“, erinnert sich Jäger.
Und auch der Ballmarker an diesem Tag war ein gutes Omen. „Ich habe drei Ballmarker in meiner Tasche, die mir meine Frau gemacht hat. Einer ist der Name meines Sohnes Fritz mit einem vierblättrigen Kleeblatt. Einer ist mein Hund Phil, und der dritte ist ein schwarz-rot-goldener mit dem Namen meines Vaters.
Ich greife immer ohne zu schauen in die Tasche und nehme den, den ich gerade erwische. Und in der Finalrunde war es Papa Klaus. Er ist vor zwei Jahren in der Woche der Players Championship verstorben und das war der Tiefpunkt in meinem Leben.
Ich spielte furchtbares Golf. Der Silberstreifen an dieser Geschichte ist aber, dass wir in der Woche danach erfahren haben, dass Shelby schwanger ist. Man verliert ein Leben und man gewinnt ein Leben. Man gerät von den tiefsten Tiefen zu den höchsten Höhen …“
Die ersten drei Tage in Houston hatte er immer den Ballmarker seines Sohnes Fritz aus der Tasche gezogen und am Finaltag jenen von seinem Vater.
„Ich musste am Morgen schmunzeln, als ich Papa Klaus herauszog. Das war mit Sicherheit mein gutes Omen für den Tag.“
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Stephan Jäger: Need for Speed
Stephan Jäger, der bereits nach Beendigung der letzten Saison im GOLF-TIME-Exklusivinterview „deutlich höhere Ziele“ für das Jahr 2024 ankündigte, setzte mit dem Sieg in Houston einen weiteren Meilenstein in seiner Karriere.
Der Absolvent der University of Tennessee-Chattanooga wechselte nach einer erfolgreichen College-Karriere 2012 ins Profilager und gewann sechs Mal auf der Korn Ferry Tour.
Bei seinem ersten Sieg, der Ellie Mae Classic 2016, schaffte er als erster Spieler einer höheren Profitour überhaupt eine 58.
Die ersten Jahre auf der PGA Tour musste „Sedl“, wie er von seinen alten deutschen Freunden genannt wird, noch ein wenig Lehrgeld zahlen. Doch in den letzten Jahren etablierte er sich zusehends in der Eliteliga.
Neuer Caddie: Henry Diana
Für die neue Saison vollzog Jäger ein paar kleine, aber feine Veränderungen. Mit Henry Diana hat er seit Anfang des Jahres einen neuen Caddie am Bag.
„Er ist sehr erfahren und seit 20 Jahren auf der Tour und hat schon für Charles Howell III, Ben Crane und Tom Hoge gearbeitet. Mit Hoge hat er etwa in Pebble Beach gewonnen. Er ist ein super solider Caddie.“
Zum anderen macht sich das Speed-Training mit Fitness-Coach Mike Carroll bezahlt. „Ziel ist es den Ball so weit wie möglich zu schlagen und dem Körper beizubringen, dass da noch mehr geht.
Die Erfolge waren der Wahnsinn. Der Ball- und Schlägerspeed wurde immer besser, aber was mich am meisten gewundert hat, war, dass ich dadurch auch gerader vom Tee geworden bin“, zeigt sich Jäger selbst überrascht.
Bei seinen Drives hat er mehr als 13 Meter an Länge dazugewonnen. Er ist damit in Sachen Drive-Durchschnittslänge auf der Tour nun in den Top 10 zu finden.
„Auf einmal hat man nicht mehr so viele Gedanken im Kopf und schon funktionieren die Drives besser. Weniger Ausbälle, wenig Wasserbälle, dass macht es einem deutlich einfacher gut zu scoren. “
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Mentaler Fokus
Schon in Torrey Pines im Januar hatte Stephan Jäger die große Chance auf den Sieg, wobei ihm die Nerven da noch einen Strich durch die Rechnung gemacht hatten. Und auch in Mexiko mit dem geteilten dritten Platz war der Deutsche, der im Golfclub München Eichenried das Golfspiel erlernte, nahe dran am ersten Sieg.
„Ich habe das Gefühl, dass sich mein Spiel in den letzten Monaten wirklich verbessert hat“, so Jäger.
Ein Grund dafür liegt wohl im mentalen Bereich. Denn mindestens genauso wichtig wie die körperliche Fitness ist für Stephan Jäger, der nach Bernhard Langer, Martin Kaymer und Alex Cejka erst als vierter Deutscher ein Turnier der PGA Tour für sich entscheiden konnte, die Arbeit mit seiner Mentaltrainerin Julie Elion, die im letzten Jahr ihren Anfang nahm.
„Ich wollte das einmal ausprobieren und bin total begeistert von Julie. Das geht weit über die Preshot-Routine hinaus. Sie hilft mir bei so vielen Dingen, unter anderem auch dem Mindset während der Runde. Wie gehst Du mit guten und vor allem schlechten Schlägen und Runden um etc.“, erklärt Jäger.
Julie Elion ist keine Unbekannte auf der Tour, sondern jene Mentalexpertin, die auch Wyndham Clark 2023 zum U.S.-Open-Champion formte.
Sie arbeitete in der Vergangenheit bereits mit Golfgrößen wie Phil Mickelson und Greg Norman zusammen, aktuell zählen auch Max Homa und Justin Thomas zu ihren Klienten.
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Stephan Jäger: Planungssicherheit
Mit dem Sieg in Houston bugsierte sich Stephan Jäger erstmals auch unter die Top 50 der Weltrangliste, was auch für die Turnierplanung den Rest der Saison betreffend positive Auswirkungen hat.
„Ja, da ändert sich schon ein wenig was, da ich wohl in alle großen Turniere reinkomme“, so Jäger. „Das lässt sich jetzt alles etwas besser planen und einteilen – vor allem mit den Majors. Es gibt mir eine Planungssicherheit, die ich bislang so nicht kannte.“
Apropos Majors: einer der größten Benefits eines Sieges auf der PGA Tour ist die damit verbundene Qualifikation für das Masters Tournament 2024. Im Fall von Stephan Jäger ging seine Premiere im Augusta National bereits nur zwei Wochen nach seinem Sieg in Houston über die Bühne.
Mit Kind und Kegel im Gepäck plus seiner aus München angereisten Mutter sowie Shelbys Eltern ging es per Auto (rund dreieinhalb Stunden Fahrt) von Chattanooga, Tennessee, in den Osten des U.S.-Bundesstaats Georgia.
In der Woche vor dem Masters spielte „Jaegerbomb“, so ein weiterer Spitzname, erstmals eine Proberunde auf dem „heiligen Rasen“ des Augusta National Golf Clubs.
„Ich hatte vor einigen Jahren schon einmal eine Einladung erhalten ihn zu spielen“, erinnert sich Stephan. „Ich habe aber damals abgelehnt und gesagt, ich spiele Augusta erst, wenn ich mich für das Masters qualifiziere.“
Nun wurde der Traum wahr und die Vorfreude auf das erste Major des Jahres war entsprechend riesig.
Selbst das Thema Unterkunft in Augusta, das zwei Wochen vor Turnierbeginn in der Regel ja kein einfaches ist, wurde rasch gelöst. Jägers Manager hatte innerhalb von zwei Stunden ein geeignetes Haus für die Jägers gefunden.
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Familienglück in Augusta
Beim Rückblick auf seinen ersten Masters-Auftritt hob Jäger vor allem den Par-3-Contest am Mittwoch der Turnierwoche hervor. So waren sein eineinhalb Jahre alter Sohn Fritz und Frau Shelby in die weißen Caddie-Jumpsuits gehüllt, um Stephan auf dem 9-Loch-Platz des Augusta National Golf Clubs zu begleiten.
Und auch Jägers Mutter kam für das Karriere-Highlight aus Deutschland angereist. „Wir mussten für meine Mutter die Flüge umbuchen. Eigentlich sollte sie uns in San Antonio zum Turnier treffen, aber das habe ich nach dem Sieg in Houston ausgelassen.
Also kam sie über Houston zu uns nach Hause nach Chattanooga und sie fuhr dann mit uns mit zum Masters“, erzählt Jäger.
Als Tüpfelchen auf dem I feierte seine Frau Shelby in der Masters-Woche dann auch noch Geburtstag, was das Familienglück der Jägers komplett machte. Da machte es am Ende auch nicht allzu viel aus, dass die sportliche Premiere in Augusta mit einem verpassten Cut ein wenig unglücklich ausfiel.
„Am Ende des Tages hast du immer noch eine Familie, zu der du zurückkehren kannst. Sie lieben dich immer noch, und es gibt Schlimmeres im Golfsport als den Cut zu verpassen“, so Jäger.
„Du merkst, dass Golf nur Golf ist und es viel wichtigere Dinge gibt. Denn egal ob du Bogeys oder Birdies spielst, am Ende wartet immer deine Familie daheim auf dich und ist für dich da.“
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Stephan Jäger in Augusta: Vom Winde verweht
Im ungewohnt stürmischen Augusta National Golf Club kämpfte Jäger an den ersten beiden Turniertagen wie ein Löwe, hatte jedoch das Glück nur selten an seiner Seite.
Trotz einer beachtlichen 74 (+2) und einer bitteren zweiten Runde mit +8, also insgesamt +10, ging der einzige Deutsche im Feld nicht wie von manchen erwartet mit hängendem Kopf, sondern durchaus gefasst vom 18. Grün.
„Das hatte nicht mehr viel mit Golf zu tun“, lachte Jäger nach Beendigung der zweiten Runde, die wie auch für die anderen Flights 5 Stunden und 45 Minuten betrug. „Ich habe schon in England bei viel Wind gespielt, aber da hatten die Grüns neun Stimpmeter und nicht über 13 wie hier. So ein Wind auf so einem Golfplatz – das ist nicht mein Ding.“
Jäger versuchte alles, nahm aber zur Überraschung manch altgedienter deutscher Journalisten den verpassten Cut relativ gelassen. „Warum sollte ich niedergeschlagen sein? Ich habe es mit meinem Caddie zusammengerechnet. Ich habe in den zwei Runden vielleicht drei schlechte Schläge gespielt.
Alleine dabei zu sein war eine super Sache. Nun versuche ich mich für nächstes Jahr erneut zu qualifizieren.“
Selbstkritisch meint Jäger zu seinem Spiel: „Ich bin eben noch nicht so weit, um bei diesen extremen Bedingungen mithalten zu können. Aber ich bin auch sicher, dass solche Verhältnisse, wie sie heute hier geherrscht haben, auch in Augusta die Ausnahme sind.“
Die nächsten Ziele …
Jäger reiste nach dem verpassten Cut für zwei Tage nach Hause, um am nächsten Wochenende in Hilton Head abzuschlagen.
Jetzt gilt es, nach vorne zu schauen und die nächsten Ziele in Angriff zu nehmen. Da ist einmal Olympia in Paris, wofür sich der gebürtige Münchener bereits qualifiziert hat. Und dann die neuerliche Qualifikation für das Masters 2025.
„Da komme ich wieder“, verspricht der derzeit beste Golfer Deutschlands mit großer Zuversicht. Und schließlich sei da ja auch noch der Ryder Cup, der ebenfalls auf der Agenda des Jägermeisters steht.
„Ich stehe mit Kapitän Luke Donald schon länger in Kontakt. Das ist auf jeden Fall noch auf dem Radar in meiner Karriere …“
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