Walter Hagen – der Bonvivant. Er liebte große Auftritte ebenso wie die Gesellschaft hübscher Ladies. Das Leben war für ihn genauso ein Spiel wie Golf. Und beides beherrschte Walter Hagen meisterhaft. Chronik eines großen Mannes mit kleinen Fehlern.
Sein Markenzeichen war die maßgeschneiderte und elegante Golfkleidung, die jedem Bankett Ehre gemacht hätte. Er war ein Frauenliebling und vor allem ein Publikumsmagnet. Wo immer Walter Hagen auftauchte, zog er die Menschen in seinen Bann, folgte ihm eine Traube zumeist weiblicher Fans, er benahm sich oft fast wie ein Filmstar.
Aber mit seiner Attitüde machte „Sir Walter“ den bisherigen Elite- Sport Golf auch bei einer breiten Zielgruppe so richtig populär. Hagen war der erste echte Tour-Professional der Golfgeschichte. Und er verschaffte dem Beruf des Golfpros erstmals Reputation.
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Bis zu diesem Zeitpunkt galten Berufs-Golfspieler in der exklusiven Welt der gesellschaftlich arrivierten, meist aus besseren Familien stammenden, Amateure als nicht gesellschaftsfähig. So bemerkte später einmal der andere große Demokrat des Golfsports, der 2016 verstorbene Arnold Palmer, anlässlich eines Banketts: „Ohne dich, Walter, würde das Dinner heute im Pro-Shop stattfinden und nicht im Ballsaal.“
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Löwenherz
Seine exzentrischen Auftritte – Hagen ließ sich oft mit dem Auto bis zum ersten Abschlag fahren – und sein tadelloses Outfit täuschten darüber hinweg, dass der Mann aus dem Staat New York nicht nur ein Ausnahme-Golfer war, sondern auch das Herz eines Löwen hatte. Und sein Kämpfergeist war auch immer wieder vonnöten, denn oft genug musste Hagen seinen Score auf dem Grün retten.
Hier bewies er eine geradezu unheimliche Konstanz und Nervenstärke, ganz nach seinem Motto „three of those and one of them still count four“. Was hieß, selbst wenn du drei schlechte Schläge hast, aber dann nur einen Putt brauchst, spielst du immer noch das Par.
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Hagens unkonventionelle Spielweise demoralisierte seine Gegner.
So klagte Bobby Jones, sonst immer höflich und ein vollendeter Gentleman, nach einem Matchplay im Jahr 1926 über 72 Löcher, das er mit 12&11 verloren hatte: „Wenn ein Mann seinen Drive verzieht, seinen zweiten Schlag verzieht und dann mit einem Birdie vom Platz geht, dann ist das schon mehr als frustrierend.“
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Walter Hagens unkonventionelle Spielweise
Aber genau damit hatte Hagen seine Spielweise für Wettkämpfe gefunden: ein Fünftel Risiko und vier Fünftel Sicherheit. Und vor allem ließ er sich von schlechten Schlägen nie aus der Fassung bringen, hatte immer nur den nächsten Schlag vor Augen.
„Ich rechne damit, mindestens sieben Fehler während einer Runde zu machen. Wenn ich also einen schlechten Schlag spiele, dann ist das eben nur einer von sieben“, hatte er einmal gesagt.
Diese Einstellung zahlte sich aus. Neben misslungenen Versuchen hatte Hagen reichlich Zauberschläge in seinem Golfbag, die ihn immer wieder zurück ins Spiel brachten. „Ich kenne niemanden, der so viel Glück beim Golfen hat wie Walter“, hatte einst Bobby Jones über Hagen gesagt.
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Sein Glück und sein Talent brachten „the Haig“, wie Hagen auch gerne genannt wurde, nicht nur viel Geld, sondern auch eine rekordverdächtige Zahl an Majorsiegen ein: Mit elf Titeln liegt Hagen hier, in der ewigen Bestenliste, hinter Jack Nicklaus mit 18 und Tiger Woods mit derzeit 15 Majors auf Platz drei.
In Nordamerika – die PGA Tour gab es damals noch nicht – heimste Hagen 34 seiner insgesamt 52 Titel ein.
Auch galt er als der erste Sportler, der die 1 Million-Dollar-Marke knackte. So gut wie ungeschlagen war Hagen aber im Matchplay-Format.
So verlor er von 33 Matches im Zeitraum zwischen 1921 und 1928 nur eines (!), was ihm den inoffiziellen Titel als „bester Matchplay-Spieler aller Zeiten“ einbrachte.
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Live like a Millionaire
So wie auf dem Golfplatz hielt es Hagen auch im richtigen Leben. Er kam aus einfachsten Verhältnissen, sein Vater war Schmied in Rochester, N.Y., der Sohn aber wollte ganz nach oben.
„Ich möchte kein Millionär sein“, scherzte er einmal in einer geselligen Runde, „ich möchte nur leben wie einer.“ Bei aller Großspurigkeit war Hagen ein ausgesprochener Sympathieträger.
Sein freundliches, offenes Gesicht und ein Anflug von Selbstironie brachten ihn auch seinen Fans und vom Schicksal weniger begünstigten Kollegen nahe.
Weil einige von ihnen beispielsweise 1922 bei der British Open nicht ins Clubhaus durften, parkte Hagen seine Austro-Daimler-Limousine direkt vor dem Eingang, nahm seine Mahlzeit im Auto ein und betrat während des gesamten Turniers das Clubhaus ebenfalls nicht.
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Er gewann übrigens diese Open Championship und noch vier weitere – das letzte Mal 1929. Auch hier zeigte der Bonvivant Herz und schenkte das Preisgeld in Höhe von 100 Pfund – damals ein gewaltiger Betrag – seinem mittellosen Caddie.
So war er eben, der Walter Hagen, einer, der stets auf der Überholspur durchs Leben fuhr, der für das Glück, das er hatte, aber auch stets dankbar war.
„Du bist hier nur zu Besuch“, so seine Überzeugung, „also mach das Beste daraus. Und gehe nicht achtlos an den Blumen vorbei, die links und rechts auf deinem Weg blühen.“
Als Walter Hagen 1969 mit 77 Jahren in Traverse City, Michigan, starb – einer der Sargträger war damals Arnold Palmer, waren sich alle Zeitgenossen einig: Er hatte genau so gelebt.
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Kurz-Vita: Walter Hagen
- Geboren: 21.12.1892 in Rochester, N. Y.
- Gestorben: 6.10.1969 in Traverse City, Michigan
- Siege: 52, darunter 11 Majors
- Open Championship: 1922, ‘24, ‘28, ‘29
- PGA Championship: 1921, ‘24, ‘25, ‘26, ‘27
- U.S. Open: 1914, ‘19
- World Golf Hall of Fame: 1974
- Ryder Cup: 6 Teilnahmen (5 Mal aktiv, 1 Mal als Non-Playing-Captain)
- Walter Hagen gilt als bester Matchplay-Spieler aller Zeiten
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